Welche Biomarker-Teste werden angeboten?

Die Effektivität der angebotenen Marker wird durchgängig mit deren Überlegenheit gegenüber der Zytologie bei der Detektion bzw. dem Ausschluss hochgradiger Vorstufen des Zervixkarzinoms begründet. Grundlage für den Aptima®-Test der Firma Gen-Probe1 und den Cintec® Plus-Test der Firma mtm2 bildet die pathophysiologisch bedingte Überexpression der onkogenen Proteine E6 und / bzw. E7 bei einer fortgeschrittenen transformierenden HPV-Infektion der Zervix. Aptima®-Test: Dieser Test wird aus flüssigkeitsbasierten Zervixzell-Proben durchgeführt und ist HPV-Typen-spezifisch: „Der Nachweis der mRNA der 14 High-risk-HPV-Typen ist ein Ansatz zur Detektion von persistierenden HPVInfektionen mit potentiellem Progressionsrisiko” (PD Dr. med. Andreas Clad, UniversitätsFrauenklinik Freiburg).

In einer vergleichenden Studie im Hinblick auf Sensitivität und Spezifität des Tests gegenüber dem Hybrid-Capture-II-Test bei histologisch gesicherten CIN III+ zeigte der Aptima®-Test eine signifikant höhere Spezifität (A. Clad). Der Aptima®-Test ist allerdings zur Zeit GKV-technisch nicht abrechenbar und deshalb nur als privatärztliche Leistung bzw. als IGeL in Ansatz zu bringen. Cintec® Plus-Test: Der Test kann an bereits beurteilten zytologischen Präparaten und an histologischen Schnitten mittels einer Sonderfärbung durchgeführt werden. Er ist nicht HPV-Typen-spezifisch und besteht aus 2 Komponenten, dem Nachweis einer durch E7 bedingten Überexpression von p16ink4a und dem Nachweis des Antigens Ki67, eines Proteins, das bei erhöhter Zellteilungsaktivität darstellbar wird. Der Cintec® Plus-Test soll laut Studienprotokollen eine ähnlich hohe Spezifität und Sensitivität im Hinblick auf die Detektion prämaligner Läsionen wie der Aptima®-Test aufweisen (PALMS3 und EEMAPS4 , siehe auch Produktinformation). Er kann bei auffälliger Zytologie als Kassenleistung abgerechnet werden, in BadenWürttemberg allerdings nicht von Frauenärzten mit Zytologie-Ermächtigung, sondern nur von Pathologen. Beide Teste, Aptima®- und Cintec® Plus-Test empfehlen sich als Methoden zum Nachweis der Integration der HPV-Genome in die Wirtszellen bzw. zum Nachweis der onkogenen

Transformation epithelialer Stammzellen bei einer persistierenden HPV-Infektion. Insofern bieten sie sich als Wegweiser bei der Abklärung prämaligner Befunde in Einzelfällen an (z.B. vor dem Entschluss zur histologischen Sicherung prämaligner Cervix-uteri-Befunde ). Cytoaktiv®-Test5 : Der HPV-L1-Kapsidprotein-Nachweis durch den Cytoaktiv®-Test ist als negativer Progressions-Marker im Hinblick auf eine HPV-Infektion zu verstehen. Er basiert auf dem immunzytochemischen Nachweis des Papillomavirus-Hüllproteins L1, dessen Synthese nur bei einer noch reversiblen HPVInfektion möglich ist (Antiprogressionsmarker). Insgesamt hat sich der Test aber in praxi nicht durchsetzen können.

 

Wesentlich ist die Gewährleistung einer hohen diagnostischen Sicherheit

Eines der Hauptprobleme bei der Abklärung prämaligner Befunde an der Cervix uteri bleibt weiterhin die sichere Definition der Kriterien, die die Notwendigkeit zur operativen Intervention bzw. deren Zeitpunkt aufzeigen. Aufgrund der noch hohen Remissionsraten bei CIN II und auch CIN III (siehe auch Teil V in Heft 3/2011) ist einerseits Zurückhaltung bzgl. eines Eingreifens geboten, andererseits wird aber auch von Seiten der Patientinnen eine hohe diagnostische Sicherheit eingefordert. Patientinnen mit der zytologischen Verdachtsdiagnose einer mittelschweren Dysplasie repräsentieren dieses Problemkollektiv. Diese Patientinnen sind häufig stark verängstigt und wünschen eine eindeutige Diagnose bzw. eine sichere Prognose bezüglich ihrer Befunde. Hinsichtlich der Gewährleistung dieser Ansprüche bedarf es vor allem einer subtilen klinischen Diagnostik: Mit einer Differentialkolposkopie in einer Dysplasiesprechstunde wird nicht nur den subjektiven Bedürfnissen der Patientinnen, sondern auch den objektiven medizinischen Notwendigkeiten Rechnung getragen. Leitliniengerecht sollte bei wiederholtem Verdacht auf CIN II und entsprechendem Kolposkopie-Befund eine histologische Befundsicherung erfolgen. Sind dann die Kriterien für eine operative Befundsanierung noch unklar, so kommt unseres Erachtens als Entscheidungshilfe zusätzlich der Cintec® Plus- oder der Aptima®-Test in Frage. Eine ähnliche Ausgangssituation für den Einsatz der Biomarker-Teste ist auch dann gegeben, wenn sich zytologisch bzw. kolposkopisch diskrepante Befunde ergeben oder aber die klinische Diagnostik insgesamt ein unbefriedigendes Ergebnis zeitigt, z.B. bei der Konstellation „Pap IIw und nicht verwertbarer KolposkopieBefund.”

 

Fazit:

Nach unserer Einschätzung sind die angeführten Biomarker-Teste (Cintec® Plus- und Aptima®-Test) durchaus als diagnostische Hilfen bei schwieriger Befundkonstellation einsetzbar. Sie sind jedoch nicht dazu geeignet, den primären Stellenwert der klinischen Diagnostik in Frage zu stellen oder gar die klinische Diagnostik als solche zu ersetzen. Dazu bedarf es eines Biomarkers, der in der Lage wäre, die Unumkehrbarkeit eines prämalignen Prozesses an der Cervix uteri hin zu einem Zervixkarzinom mit sehr hoher Genauigkeit zu definieren. Ein solcher Test steht zur Zeit jedoch noch nicht zur Verfügung.

Fallbeschreibung

36-jährige Patientin, Raucherin (20 Zigaretten täglich) unter oraler Kontrazeption. Routine-Früherkennungsuntersuchung im April 2011.

Zytologischer Befund:
Pap IV a, Verdacht auf schwere Dysplasie. Einbestellung in die Dysplasie-Sprechstunde.

Kolposkopie-Befund:
In den Zervikalkanal hineinreichende Transformationszone mit zart essigweißen Anteilen und offenen Drüsen (T2), Jodprobe partiell negativ, Befund entsprechend CIN I. Gezielte Entnahme dreier Gewebsproben.

Histologischer Befund:
Chronische Zervizitis nebst koilozytären Veränderungen im Sinne von CIN I. Aufgrund der Diskrepanz zwischen zytologischem Befund auf der einen und kolposkopischem sowie histologischem Befund auf der anderen Seite Entschluss zur Durchführung des Cintec® Plus-Testes.
Ergebnis: p16- Ki 67-Test pos.

Die Patientin war nach Befundübermittlung in eine andere Stadt umgezogen. Wir haben ihr dringend angeraten, den Befund kurzzeitig kontrollieren, eventuell aber auch eine Gebärmutterhalsausschabung oder direkt eine schonende Sanierung der Läsion durchführen zu lassen.

1 Gen-Probe Deutschland GmbH, Frankfurt/Main.
2 mtm laboratories AG, Heidelberg.
3 Primäre ASCUS LSIL Marker Studie.
4 European equivocal or midly abnormal pap cytologie study. 5 Cytoimmun diagnostics GmbH, Pirmasens.

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